CALIBAN
AN DER ODER
Mehdi Moradpour
Wie könnte sie aussehen, die »Stadt der Zukunft«?, fragt
sich Caliban, ein Gerichtsdolmetscher, der das Hotel Balkan Grill verlassend durch die vom Zerfall gezeichnete Architektur
der ersten sozialistischen Planstadt Deutschlands zieht. Denn graffitibeschmierte Fassaden, mit Holzbrettern zugenagelte Schaufenster
und längst verlassene Gebäude zeugen heute eher vom Scheitern der städtischen Utopie. Und doch scheint sie nicht ganz verloren
zu sein, die Hoffnung auf eine gerechtere Stadt.
Auf dem Weg zum Gericht überholen Caliban alte
Kriegs-Rollenspiel-Fantasien, das Nintendo auf den Kinderknien, ein Wohnzimmer in Kabul, bis das Spiel in die Wirklichkeit
überblendet. Ein Chor schwillt an zum Hintergrundrauschen, in das sich einzelne pikante Stimmen mischen: Historische Persönlichkeiten,
Phantasie-Figuren, Tiere und Objekte. Da ist Terra Branford, Widerstandskämpferin aus dem Videospiel »Final Fantasy VI«. Oder
Richterin Miranda, in deren Zukunftsvision ein florierendes Tech-Zentrum – mit Solarsiedlungen, Smart Factories, Algenplantagen
und Wolkenkratzern, auf deren Dächern Wälder wuchern – entsteht.
Mehdi Moradpour entlehnt seine
Figuren aus Shakespeares »Der Sturm«, verortet sie jedoch in der Ära des digitalen Kapitalismus sowie im Kontext unterschiedlicher
Kriegsszenarien des 20. und 21. Jahrhunderts. In der Verbindung diverser Zeiten und Schauplätze entwirft der Autor Möglichkeitsräume
für eine feministische Zukunft.
Partner-Theater: Schauspielhaus Wien
Lesende: Simon Bauer,
Vera von Gunten, Jesse Inman, Clara Liepsch, Sebastian Schindegger
Text: Mehdi Moradpour
Regie: Rieke
Süßkow
Musik: Max Windisch-Spoerk
In Kooperation mit der Stückewerkstatt Mülheim
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